Tischtennis
Stell doch einmal einem Freund, der im Tischtennisverein ist, dieselbe Frage, die du dem Mathelehrer stellst: „Was bringt dir Tischtennis für dein Leben?“ Er weiß mit Sicherheit nur, dass es ihm Spaß macht. Doch warum?
Ich will es dir verraten: Es macht ihm Spaß, weil sein Gehirn glücklich ist. Denn es wird gerade zu Höchstleistungen herausgefordert: (Bewegungen, Reflexe, Koordination, Rhythmus). Alle Sinne müssen sich miteinander verbinden: die Augen und die Ohren lernen sehen und hören, aus welcher Richtung der Ball kommt und wie er gespielt wurde. Die beiden Sinne treiben sich gegenseitig zu immer neuen Höchstleistungen an. Die Ohren lernen Gleichgewicht auf einem ganz anderen Niveau.
Deine Reflexe lernen, schneller zu arbeiten als es biologisch möglich scheint, denn du lernst zu ahnen, was passiert. Vielleicht blendet dich gerade die Sonne und trotzdem kannst du nur an den schemenhaften Umrissen der Bewegungen deines Gegners und an dem, was du hörst ahnen, wo du den Ball spielen muss. Wenn du den Ball dann triffst, obwohl du ihn nicht einmal gesehen hast, gleicht das einem Wunder. Doch es ist „nur“ die Leistungsfähigkeit deines Gehirns.
Alle Muskeln und Sinne lernen, auf hohem Niveau extrem genau zusammenzuspielen, damit du auf den Zentimeter und die tausendstel Sekunde genau am richtigen Ort sein und den Ball so spielen kannst, dass er keinen Zentimeter zu hoch über das Netz zurückfliegt.
Und das ist noch lange nicht alles: Dein Verstand und dein Gefühl lernen im Team zu arbeiten. Denn jeder Gegner spielt eine andere Kombination aus Holz und Belägen und hat einen anderen Stil entwickelt. Der Wettkampf ist also keine Kür, in der der Spieler zeigt, war er gelernt hat. Nein, im Wettkampf musst du das Gelernte auf die Realität anwenden. Du darfst nicht nur so spielen, wie du gelernt hast, sondern musst darüber hinaus auch noch die taktischen Ratschläge des Trainers und der Mannschaftskollegen umzusetzen. Tief im Unbewussten verwurzelte Abläufe müssen mit bewussten Entscheidungen gekoppelt werden.
Im Doppel wird es noch einmal schwerer: Im Einzel hast du es immer nur mit den Reaktionen des Gegners auf deine eigenen Schläge zu tun. Jetzt reagieren die Gegner auf den Return deines Doppelpartners. Du bekommst Bälle zugespielt, die du nicht selbst provoziert hast. Und du muss sie spielen, während dein Partner deine Bewegungen einschränkt, denn er kann sich ja nicht in Luft auflösen. Das zwingt dich, noch schneller zu sein und neue Bewegungsmuster zu lernen. Wenn du das Spiel auch in der Theorie verstanden hast, könntest du dich zwischen zwei Ballwechseln mit deinem Partner absprechen.
DAS ist der Grund, warum Kinder und Jugendliche Tischtennis so lieben: Sie trainieren, tausend Entscheidungen in nur einem Bruchteil einer Sekunde fällen. Will ich das Bild der Besiedelung einer neuen Region noch einmal aufnehmen, dann heißt das: Dein Körper baut beim Tischtennis ein extrem leistungsfähiges Straßen- und Eisenbahnnetz. Es geht also gar nicht um Tischtennis. Es geht darum, was dazu nötig ist. Solltest du in ein paar Jahren die Lust am Tischtennis verlieren und lieber Kitesurfen, dann nutzt du die Straßen eben dafür. OK, das Bild hinkt ein wenig, aber ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
Dirk Nowitzki
Ein wichtiger Grund dafür, dass Dirk Nowitzki so gut Basketball spielen kann, ist, dass er vorher auch Handball, Tennis und Rudern lernte. Und ohne die Zeit auf dem Skateboard wäre sein Wurf, bei dem er auf einem Bein rückwärts fällt, vermutlich kaum so gut. Natürlich haben überhaupt alle Sportarten etwas zu bieten, jede von ihnen eine ganz besondere Mischung. Was immer du auch wählen solltest: im Verein sind die gestellten Aufgaben anspruchsvoller. Und noch einmal: Welchen Sport du auch immer wählst: es geht nie nur um Spaß. Spaß ist nur das sichere Zeichen dafür, dass dein Gehirn gerade glücklich ist, weil es sich selbst überschreiten und perfektionieren muss.
Und jetzt sagst du vielleicht: Hey! Du wollest mir erklären, warum ich Mathe lernen soll. Und dann erzählst du mir statt dessen etwas von Sport. Was hat das alles mit Mathe zu tun? Komm zur Sache!
Und ich antworte mit einer Gegenfrage: „Was glaubst du, sind die 4 wichtigsten Schulfächer?“ Ich will es dir verraten:
- Sport: Hier lernst du, deinen Körper in Besitz zu nehmen. Und unterschätze nicht den Einfluss von Bewegung auf die Entwicklung des Gehirns.
- Musik: Nichts vernetzt deine Sinne so gut, wie aktiv Musik zu spielen
- Sprache: Hierzu will ich es für den Moment nur mit einem Zitat von Alexander von Humbold bewenden lassen: Sprechen lernen heißt denken lernen.
- Und was die Mathematik dich lehrt, kann ich leider noch nicht in einem Satz zusammenfassen.
Diese vier sind deshalb so wichtig, weil sie deinem Gehirn helfen, sich zu entwickeln. Alle anderen Fächer bauen auf dem auf, was du in diesen vier Fächern lernst. In Sport, Musik, Sprache und Mathe geht es also vor allem um dich selbst. Es geht um die Leistungsfähigkeit deines Gehirns. Es geht um „Können können“. „Wozu muss ich das alles wissen?“ ist nicht nur für Mathematik, sondern für alle vier eine unsinnige Frage.
Die Reihenfolge der vier Fächer war bewusst gewählt. Bevor ich dir also von Mathematik erzähle, würde ich dir gerne die Augen dafür öffnen, was dein Gehirn lernt, wenn es Musizieren und Sprechen lernt.
Schreibe einen Kommentar